Samstag, 27. Juli 2013

Was wurde aus euch?

Auch wenn ihr mich vergessen habt, ich habe oft an euch gedacht.
Was wurde aus euch? Wie ist euer Leben bisher verlaufen? Lebt ihr überhaupt noch?
Ich habe lange recherchiert um etwas über euch herauszufinden. Ihr habt es mir nicht immer
leicht gemacht. Über einige habe ich gar nichts rausgefunden.

Carsten:  
Immer noch in der gleichen Firma, in der er damals seine Ausbildung gemacht hat.
Mittlerweile eine hohes Tier in der Firma. Auf seinem Firmenprofilfoto sieht er
nicht besonders Gesund aus. So grau. Mehr Tod als Lebendig.

Tanja:     
Sitzt seit 20 Jahren im selben Supermarkt an der Kasse.

Carmen: 
Ausbildung zur Erzieherin. Stellvertredende Leiterin eines Kindergartens.

Thomas:  
Ausbildung zum Schweißer. Danach Weiterbildung zum Meister. Unheilbarer Hirntumor.

Steffi:     
Ausbildung zur Erzieherin. Fiel kurz nach der Geburt ihres ersten Kindes ins Koma.
Starb 6 Monate später.

SimoneS.:
Ausbildung zur Floristin. Arbeitet heute in einem riesen Blumenladen.

SimoneM:
Ausbildung zur Erzieherin. Leiterin eines Kindergartens.

Volker:    
Ausbildung zum Werkzeugmacher. Abi nachgeholt. Architekturstudium. Lebt heute als Architekt
in der Schweiz.

Manuel:  
Lebt heute in Spanien.


Ich habe mal in der Schülerzeitung geblättert die wir damals erstellt haben. Auf den letzten Seiten sind Fotos
von uns allen. Unter den Fotos stehen  unsere Berufswünsche. Hat nicht bei allen geklappt.
Bei mir steht Bürokaufmann. War nie mein Berufswunsch. Wurde mir vom Arbeitsamt aufs Auge gedrückt.
Sollte nicht sein.
Ich habe die erste Ausbildung nach 6 Monaten abgebrochen.
Jeden Tag acht Stunden Akten zu sortieren und im Winter der Sonne beim Auf- und untergehen vom Büro aus zuzusehen, ohne auch nur eine Stunde was von ihr zu haben, war einfach nicht mein Ding.
Vom Bürostuhl bekam ich Schmerzen in der Schulter, die nie wieder weggingen. Seitdem fühlt sich mein linkes Schulterblatt ziemlich Taub an. Nervenschaden.
Kein schönes Erinnerungsstück.

Da das Arbeitsamt mich wegen meiner Behinderung nichts anderes Lernen lassen wollte, habe ich es nochmal probiert.
Wurde auch nichts.
Meine Psyche entschied sich dagegen. Sie hielt es für eine bessere Idee, mich anderhalb Jahre Zuhause Gefangenzuhalten.
Ich erinner mich noch genau an den Moment. Es war der April 1992.
Ich wollte zur Disko. Von Zuhause bis dahin waren es nur 200 Meter. Einfach 200 Meter Geradeaus und dann eine Hauptstraße überqueren. Alles schon Tausende male gemacht. Also los.
Ich wollte die Hauptstraße überqueren. Bis zur Mitte kam ich. Dann rauschte mir das komplette Blut in die Beine. Schwindel. Lähmungserscheinungen. Muskelkrämpfe. Alles dreht sich. Tunnelblick. Ich schleppte mich zur Disko.
Es wurde nicht besser. Die Musik war unglaublich laut. Stimmengewirr. Alles wurde immer Bedrohlicher.
Ich hatte Angst jede Sekunde Tod umzufallen.
Ich schleppte mich nach Hause. Ich konnte meine Beine kaum bewegen. Angst, angst, angst.
Zuhause legte ich mich auf mein Bett. Langsam wurde es besser. Blieb aber im Hintergrund und verschwand nicht mehr ganz.
Was zur Hölle war das?
Ich fühlte mich auf einmal leer, ausgebrannt.
Schlief sehr schnell ein.
Meine erste Panikattacke.
Herzlich willkommen!!







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